Waende Südost
Cyop & Kaf (Neapel)Cyop & Kaf (Neapel)
Das über 25 Schallschutzelemente verlaufende und damit sehr große Bild von Cyop und Kaf ist allein in den Farben Rot, Weiß, Schwarz und Dunkelrosa gehalten. Der nicht deckende Farbauftrag, der noch einzelne, schon vor der Bemalung vorhandene Schriftzeichen erkennen lässt, spart die metallenen Verbindungsstücke (Streben) zwischen den einzelnen Lärmschutzwänden jeweils aus. Es entstehen somit deutlich unterteilte Bildabschnitte.
Das Bild beginnt – von links nach rechts betrachtet – mit einem schwarzen Kreis auf dunkelrosa Grund, der in der Mitte durch eine sowohl aus dem Bild heraustretende, als auch farblich andersartige Metallstrebe in zwei Teile geteilt ist. Auf den nächsten drei Elementen der Wand befindet sich der Oberkörper einer auf dem Rücken liegenden Figur vor rotem Hintergrund. Die Figur sieht aus, als würde sie einen schwarzen Ganzkörperanzug mit einer weißen Kapuze und einer schwarzen Gesichtsmaske tragen. Vom weißen Kapuzenteil verläuft an der Stelle, an der sich bei einem Menschen die Wirbelsäule befindet, ein gerades Rohr, welches unterschiedlich lange und unterschiedlich gebogene Querrohre/Leitungen besitzt, die im 90°-Winkel vom Hauptrohr in der Mitte abgehen. Manche der Leitungen weisen Verschlusskappen oder rote Öffnungen auf. Die Darstellung sieht aus wie eine Wirbelsäule, die wie ein Kanalsystem gebaut ist. Auf den folgenden drei Elementen der Schallschutzwand befindet sich auf rotem Hintergrund ein schwarz gemaltes dickes Rohr, welches sich einer Schlange gleich in vielen Windungen über das Bild zieht. Dieses Rohr besitzt an fünf Stellen markante Abnormitäten, die farblich mit Weiß hervorgehoben sind. Die Form des Rohres verändert sich an diesen Stellen und zeigt z.B. ein Paar Lippen, eine Nase, Augen oder einen kleinen Tierkopf. An einer Stelle fehlt ein Stück Rohr. Die folgenden vier Wandelemente zeigen den schwarzen Unterkörper der liegenden Figur vor rotem und an den Füßen vor dunkelrosa Hintergrund. Der linke Fuß trägt einen roten Schuh. Der rechte Fuß ist größer als der linke Fuß und in Weiß gemalt. Er hat die Form einer Fabrik mit Schornstein, aus dem schwarzer Rauch entweicht. Dieser schwarze Rauch formt sich im Verlauf der nächsten drei Wandelemente zu einem liegenden schwarzen Kopf mit lockigem Haar. Der Kopf ist körperlos und besitzt eine rote Schnittstelle am Hals.
Der weitere Verlauf des Bildes zeigt die Beine oder besser Beinstümpfe, die wie abgeschnittene Äste mit Verzweigungen aussehen. Ein Beinstumpf hat eine rote Schnittfläche, der zweite weist einen weißen Kopf auf. Die schwarzen Stümpfe gehen in rote Oberschenkel/Hosenbeine über. Eine zweite liegende Person wird sichtbar. Diese Person liegt ebenfalls auf dem Rücken. Der schwarze Oberkörper zieht sich über die nächsten drei Wandelemente. Erneut entsteht der Eindruck, dass die liegende Person einen schwarzen Ganzkörperanzug trägt und dieses Mal eine weiße Gesichtsmaske. Ein weißes Rohrsystem dominiert die Körpermitte. Der Abschluss des Bilderzyklus wird von der Darstellung eines Helmes gebildet, der sich – ebenso wie am Anfang des Bildes der schwarze Kreis – auf zwei Wandelementen befindet und von einer Verstrebung unterbrochen wird. Es kann die Assoziation entstehen, dass der schwarze Helm der liegenden Figur vom Kopf gerollt ist. Er sieht aus wie ein Bergmannshelm mit Lampe. Nicht zuletzt dieser Helm gibt einen entscheidenden Hinweis für eine Interpretationsmöglichkeit.
Laut eigener Aussage haben Cyop und Kaf sich durch die lokale Geschichte des Ruhrgebietes, die eng mit dem Bergbau und schwerer körperlicher Arbeit verbunden ist, inspirieren lassen. Unter diesem Aspekt kann die Kleidung als Arbeitskleidung betrachtet, die Maske als Symbol für eine Schutzmaske, die Rohre im Körper als Schächte mit ihren vielen Verzweigungen gesehen werden. Die Beinstümpfe können daraufhin deuten, dass Menschen durch die schwere Arbeit körperlich geschädigt werden. Auch die liegende Haltung deutet auf eine Verbindung zum Bergbau. Oftmals können Arbeiten unter Tage nicht in aufrechter Körperhaltung durchgeführt werden. Der Fuß als rauchender Kamin sowie der Helm sprechen für sich.
Cyop und Kaf – zwei Künstler aus Neapel. Mehr als von Sammlern werden sie wohl von der Polizei gesucht. Zweisam-einsam, doch unbeirrbar, verbreiten sie ihre abnormen, beunruhigenden, stellenweise beängstigenden Zeichen. Die Arbeiten von Cyop und Kaf dringen bis in die hintersten Winkel der Gassen, in bürgerliche Wohnviertel oder heruntergekommene Außenbezirke, aber auch in Kunstgalerien und in die reaktionärsten Gehirnwindungen vor und verstehen sich als Sand im Getriebe des vorherrschenden Einheitsgedanken.
„Es ist unser verzweifelter Versuch, den betäubten Geist eines Großteils der italienischen Bevölkerung, genährt mit Pulvermilch und Fernsehprogrammen, wieder zu erwecken. In unseren Augen ist das Auflisten von Einzel- und Kollektivausstellungen nur eine Masche um Lebenslauf und Finanzen aufzubessern. Wir halten es dagegen für angebrachter, nicht alles auf eine kühle Liste vergangener Vorkommnisse zu reduzieren. Stattdessen laden wir zu jener Open Air-Ausstellung ein, die an 365 Tagen im Jahr bei freiem Eintritt und in ständigem Aufbau allen geöffnet ist und die sich zwischen der neapolitanischen Innenstadt und ihrer immensen Peripherie ausdehnt, um euch zu sagen: Öffnet Eure Augen, doch vor allem Eure Herzen!“
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