Waende Südost
Gabor Doleviczenyi (Essen)Gabor Doleviczenyi (Essen)
Von links nach rechts gelesen beginnt das Wandbild mit zwei Händen, die sich vor dem Hintergrund eines Sternenfirmaments herzlich umschließen, als würden sie einen Pakt besiegeln. Hervorgehoben wird diese Geste durch zwei leuchtende Sterne, die sich jeweils am obersten und untersten Punkt der Hände befinden. Die Hände sind nicht mit einer geschlossenen Linie fest umzeichnet, sondern durch eine Aneinanderreihung von Sternen figürlich vor dem dunklen Hintergrund dargestellt.
Durch diese Linien aus Sternen entstehen auch an anderen Stellen im Bild Sternzeichen mit gegenständlicher Thematik. Die Formen von Herz, Kleeblatt, Diamant, Flasche und Schmetterling sind u.a. zu erkennen. Eine fantastische Himmelswelt ist entstanden, bei der nicht klar ist, ob es sich um unsere Erde, einen anderen Planeten oder das Weltall an sich handelt. Wilde und verschieden farbige Wolkenberge erscheinen vor einem bläulich bis schwarzen Himmel, auf dem viele leuchtende Sterne aufblitzen. Ein Eindruck von kraftvollen Energiefeldern entsteht. Der Maler hat sich inspirieren lassen: „Ich habe mich im Vorfeld mit Satelliten-Teleskopen auseinandergesetzt. Die Fotos, die diese Teleskope mit Hilfe von Farbfiltern machen können, haben mich zu dieser Arbeit inspiriert. Daran angelehnt habe ich meine eigene fantastische Galaxie erschaffen.“
Tatsächlich existieren vom Teleskop Hubble Fotos einer bizarren Traumlandschaft, die eine deutliche Ähnlichkeit zu Gabor Doleviczenyis Bild aufweisen.
In dieser fantastischen Galaxie findet sich eine Treppe mit Handlauf sowie einzelne Treppenteile aus aneinanderhängenden Stufen. Die Treppe vermittelt durch ihre Ausrichtung und die Kombination mit einem Geländer eher das Gefühl einer möglichen Verortung im Bild als die einzelnen wie im Nirgendwo hängenden Treppenteile. Diese einzelnen Stufenfolgen wirken losgelöst und schwebend in dieser Galaxie. Da keine wirkliche Verortung stattfindet, entsteht beim Betrachter ein Gefühl von Unsicherheit und Orientierungslosigkeit. Eine Treppe, die normalerweise von einem bestimmt fixierten Punkt zu einem anderen klaren Bestimmungsort führt und Teil eines Weges ist, beginnt und endet in der Leere.
Umso betroffener macht dann die Darstellung zweier aneinander geschmiegter Kinder mit buntem Regenschirm, Kuscheltier und Koffer, die auf einem Element der Treppe stehen und die Stufen zu erklimmen scheinen. Sie wirken verloren, schutzsuchend unter ihrem kindlich bunten Schirm und tragen ein Schild mit der Aufschrift „HOME“. Der Betrachter kann sich mit den Kindern identifizieren und das Gefühl von Verlorenheit und Heimatlosigkeit in dieser fremdartigen Welt nachvollziehen.
Gabor hierzu: „Mein Bild heißt ‚ per Anhalter durch die Galaxie‘. Es stellt die Fragen: Wo kommen wir her? Wo wollen wir hin?(…) In mitten dieser Galaxie stehen zwei kleine Kinder, die mit Koffer und Kuscheltier nach hause wollen, welches durch das Schild, wie man es von Anhaltern an der Autobahn kennt, auf dem das Wort ‚Home“ steht, deutlich wird. Die beiden Kinder wiederum stehen auf einer von vielen sehr grafisch gehaltenen Treppenstufen,welche zum Rest der Galaxie ein hohes Spannungsfeld aufbauen. Sinnbildlich stehen die Stufen für die vielen Möglichkeiten sein Lebenzubestreiten. Hoch, Runter, Links, Rechts. Wenn du richtig in den Sternen liest, erkennst du den Weg.(…)In der heutigen Zeit kommt man schnell vom eigentlichen Weg ab. Informationsüberfluss, Trends und der schnelllebige Alltag führen zu Orientierungsschwierigkeiten. Lost in Space!“
Gabor Doleviczenyi, geboren 1979, ist ein Künstler und Graffiti-Writer aus Essen und langjähriges Mitglied in einer der aktivsten Graffiti-Crews des Ruhrgebiets. Der Diplom-Kommunikationsdesigner ist Gründungsmitglied des Kunstvereins Port e.V., der mit dem Förderpreis „Essens Beste“ ausgezeichnet wurde. Seit 2007 leitet er die Künstlerplattform „Zinnober-Fassaden“, mit der er unter anderem das mit über 1000 qm größte Wandbild in Essen an der RWE-Umspannanlage Herkulesstraße erstellte. Daneben arbeitet er auch als Bühnenbild-Designer bei Samir Akika / Unusual Symptoms. Für die „Extraschicht“ auf dem Weltkulturerbe „Zeche Zollverein“ entwickelte er 2009 das skulpturale Wegleitsystem „Follow the white rabbit“.
Gabor Doleviczenyi gehört der Essener Ateliergemeinschaft „Ruhrtor 1″ an. Seine Malerei und Installationskunst war Teil diverser Ausstellungen im Ruhrgebiet und im angrenzenden Ausland, wie „Ruhrpuls“, Bochum 2006, „Shopstop Refreshed“ Maastricht 2008, oder „Trash-ismus“ im Skulpturenmuseum Glaskasten, Marl, 2009.
„Arbeit beginnt im Kopf. Alltägliche Erlebnisse, inspirierende Gespräche und mein direktes Umfeld, bestehend aus Familie, Freunden und wegbegleitenden Künstlern, ergeben schwer erklärbare Kombinationen, die mich bewegen sie in die Tat umzusetzen. Bevor ich anfange, weiß ich dann meist schon, wo ich hin will. Die Mittel, die dabei zum Einsatz kommen, können dabei sehr verschieden sein. Viele Richtungen. Dennoch ist der Weg mein Ziel.“
Weitere Künstler
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